Heute wird es eine #Schweigeminute der Einsatzkräfte in #München geben. Ein Moment um inne zu halten, sich gemeinsam zu erinnern und zu gedenken.
Ebenfalls heute finden Veranstaltungen von Angehörigen der Opfer statt. Alle eint, dass die Ereignisse von vor 5 Jahren unvergessen sind. Sie sind im Gedächtnis aller, wenn nicht sogar im Gedächtnis der Stadt.
Das Attentat vom OEZ war am 22. Juli 2016, ein Freitagabend. Einige wenige Kollegen und ich waren spät noch im Büro, wir hatten unaufschiebbare Abklärungen zu einem Verdächtigen in einem anderen Verfahren durchzuführen. Auf der einen Seite war die lange Arbeitszeit ärgerlich, weil draußen gutes Wetter war und viele Freund*innen auf den Weg in die Stadt waren. Es waren Konzerte und Biergärtenbesuche angekündigt. Und es fand das beliebte Tollwood-Festival statt. Auf der anderen Seite mag ich genau diese Ermittlungen besonders, in denen noch offen ist ob noch am gleichen Tag ein Zugriff erfolgt oder nicht. Wo die Teamarbeit besonders engagiert erfolgt.
Es sollte dann keine Festnahme mehr durchgeführt werden, wir wurden aus diesem Einsatz entlassen. Kurze Erheiterung, jetzt war endlich Wochenende. Wir winkten uns schon zu, als ein Kollege auf sein Handy schaute und eine Push-Nachricht vorlas „Schüsse am OEZ“. Kurzes Schweigen. Obwohl wir nicht mehr wussten, hatte wohl jeder ähnliche Gedanken. Die Bilder vom Terroranschlag in Paris waren noch in den Köpfen.
Nur wenige Sekunden später teilten wir uns auf, was aus unserer Sicht aus unserem Büro gemacht werden müsste. Ich recherchierte im Internet, was alles auf verschieden Social Media Plattformen geteilt wurde. Videos von Schüssen vor dem Schnellrestaurant. Videos vom Täter auf dem Dach des Parkhauses. Fotos und Videos aus Falschmeldungen. Twitter neu laden, immer wieder neue Postings. Der digitale Wahnsinn. Draußen Meldungen über Schüsse in der Innenstadt, Schüsse am Tollwood, mehrere vermeintliche Täter an vielen verschiedenen Orten. Wie in Paris. Wahnsinn. Einsatzkräfte die den Meldungen quer durch die Stadt nachfahren mussten. Der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt. Wie kommen nun die anderen Kollegen zurück ins Büro, welche bereits im Wochenende waren? Erste private Nachrichten mit der Frage ob man selber in Sicherheit ist. Tote und Verletzte wurden offiziell bestätigt.
Eigentlich hätte ich froh sein können sicher im Büro zu sein. Aber gleichzeitig zog es mich raus zum Tatort. Irgendwie zu helfen den Wahnsinn zu stoppen. Wir wussten nicht, dass die eigentliche Tat schon vorüber war.
Dann bekamen wir ein Foto eines toten Mannes zugeschickt. Wir sollten bewerten, ob es derselbe Mann wie auf den Internet-Videos ist. Wir wussten nicht, dass er die Eigenheit hatte zwei T-Shirts übereinander zu tragen und dass er das obere bereits ausgezogen hatte. Wir waren unsicher. Und blieben es auch noch einige Zeit bis aus anderen Ermittlungen endlich Gewissheit bestand. Es war vorüber. Mitten in der Nacht noch die Pressekonferenz mit dem Polizeipräsidenten. Wir saßen dabei zusammen erschöpft im Gemeinschaftsraum.
Zwei Momente sind bei mir hängen geblieben. Die oben beschriebenen Sekunden des Innehaltens, bevor wir uns in die Arbeit gestürzt haben, und das Aufwachen am nächsten Morgen in der eigenen Wohnung, was sich kurz wie „überleben“ angefühlt hat.
Ich bin froh, dass es ein Denkmal mit den Namen der Getöteten gibt.
Ich bin froh, dass es heute eine Schweigeminute gibt. 22.07.2021, 17:51 Uhr."
#OEZ #KeinVergessen #Saytheirnames
(Bild von Magnus Guenther auf Pixabay)