Bieterwettbewerb um die höchsten Strafen für die „Letzte Generation“, den Polizeibeauftragten des Bundes abschaffen, die Cannabis-Legalisierung rückgängig machen und die permanente Debatte um „Ausländer-Kriminalität“ inkl. der Forderung nach dauerhaften stationären Grenzkontrollen. Mittlerweile beinahe täglich wird eine populistische Forderung erhoben. Das schadet der Demokratie und ist brandgefährlich.
Dazu Michael Labetzke, einer der Sprecher von PolizeiGrün und innenpolitischer Sprecher der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Bremischen Bürgerschaft (Landtag):
„Es scheint aktuell keine Grenzen mehr zu geben, alle Dämme sind gebrochen. Beinahe jeden Tag kommt eine Forderung, die an Absurdität kaum noch zu überbieten ist. Ich kann – und da wiederhole ich mich gerne – an alle nur appellieren, jetzt innenzuhalten und die Debatte zu versachlichen. Das Versprechen – mit uns wird alles besser – ist ein Versprechen, was nicht einzuhalten ist. Die Enttäuschung wird zu noch mehr Politikverdrossenheit führen und stärkt nur AfD und BSW.“
Der Höhepunkt diese Woche war die Forderung hinsichtlich der Aktivist*innen der Letzten Generation. Sie sollen, so die Forderung, bis zu 10 Jahre in Haft genommen werden können. Diese einseitige Kriminalisierung, das lehrt die Geschichte im Umgang mit der RAF, ist definitiv der falsche Weg. Dabei geht es weder um eine Relativierung geschweige denn um das Gutheißen der Aktionen. Vielmehr kann es aus Sicht von PolizeiGrün nur über den Dialog gehen, denn es darf nicht vergessen werden, dass es ja einen Grund für diese Protestform gibt.
Stichwort dauerhafte Grenzkontrollen: Alle Expert*innen sind sich einig, dass solche Kontrollen personell auf Dauer nicht zu leisten sind. Abgesehen davon ist die Bilanz -bei genauerer Betracht zwischen Personalansatz und Ergebnis – eher dürftig. Zudem ist eine Dauerhafte Kontrolle nicht mit europäischem Recht – immerhin ist eines der Kernelemente des Europäischen Gedankens betroffen – nicht vereinbar und die Frage nach dem wirtschaftlichen Schaden wird kaum berücksichtigt.
Zur Frage des Polizeibeauftragten des Bundes: Augenscheinlich haben -gerade - Konservative das Prinzip der Gewaltenteilung – immerhin ein Pfeiler unseres Rechtsstaats – nicht verstanden. Alleine der Zwischenbericht des Polizeibeauftragten nach den ersten 100 Tagen spricht Bände: 109 Eingaben von Bürgern und 24 Eingaben von Beschäftigten der Polizeibehörden, etliche Beschäftigte der Polizeibehörden des Bundes baten ausdrücklich um Unterstützung. Es zeichne sich schon jetzt eine große Bandbreite an Themen ab wie Sachverhalte im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Beschwerden über - aus Sicht der Beschäftigten - ungerechtfertigte Disziplinarmaßnahmen, Beschwerden über die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis in der Probezeit, über Arbeitsbedingungen sowie zu Mobbingvorwürfen im Dienst“. Bei den Angaben der Bürger*innen waren Beschwerden über unangemessenes Verhalten von Polizeibeamten bei polizeilichen Maßnahmen wie beispielsweise über polizeiliche Kontrollen von Menschen allein aufgrund ihres physischen Erscheinungsbildes oder ethnischer Merkmale der Schwerpunkt.
„Die Schaffung eines Polizeibeauftragten ist ein wichtiger Bestandteil einer modernen Sicherheitspolitik. Damit wird nicht nur den Bürger*innen, sondern auch den Beamt*innen die Möglichkeit gegeben, sich mit ihrem Anliegen vertrauensvoll an eine Ansprechperson zu wenden, was vorher so nicht möglich war. Das fördert das Vertrauen innerhalb der Kollegenschaft und stärkt nach außen die Polizeibehörden.“
Die Diskussion um die Legalisierung von Cannabis ist indes mehr eine politische Diskussion. Die Abschaffung der Prohibition hin zu einer vernunftgeleitenden Drogenpolitik ist eines der Herzensthemen der Grünen, mithin ist sie sachgeleitet. Den Kritikern sei ob der Forderung nach einer Abschaffung die Frage gestellt, was sie dem entgegensetzen will, denn die bisherige Drogenpolitik ist seit Jahrzehnten gescheitert.
Zu „guter letzt“ die – so darf man das mittlerweile nennen – elende Diskussion um den Anteil von Ausländer*innen und Migrant*innen an Kriminalität in Deutschland. Kein Wort über die Kriminalitätsursachen geschweige denn auch nur der Wille im Ansatz, die Prävention genau an dieser Stelle zu stärken. Selbst im gerade zu Ende gegangenen Europawahlkampf kein Wort geschweige denn auch nur ein im Ansatz erkennbarer Wille, die Ursachen von Migration anzugehen. Sich den damit verbundenen Kriminalitätsursachen auseinandersetzen: Fehlanzeige.
„Ich kann nur an die Vernunft in puncto Fragen der inneren Sicherheit an alle appellieren, bei all den berechtigten Fragen der inneren Sicherheit, zur Sachlichkeit zurückzukehren. Das Rad lässt sich ohnehin nicht zurückdrehen. Wir müssen gemeinsam nach Lösungen suchen und dürfen – gerade in der größten innenpolitischen Krise unseres Landes nach dem 2. Weltkrieg – nicht weiter polarisieren. Natürlich – und das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen – bedarf es an der ein oder anderen Stelle Korrekturen im Detail. Die Idee allerdings „Wir gegen die“ ist definitiv der falsche Weg. Es gilt, die Gemeinschaft zu stärken und deutlich zu machen, dass eine Politik - auch und gerade eine Sicherheitspolitik - für alle Menschen in unserem Land gemacht wird und dabei Niemanden ausschließt, sondern im Gegenteil integriert. Alles andere stärkt die Populisten und Extreme an den Rändern.“